Frauenrollen und Frauenrechte in der Rumänisch-Orthodoxen Kirche
I. Vorbemerkungen zur Geschichte und Verwaltungsorganisation der Rumänischen Orthodoxen Kirche
Das im frühen Mittelalter auf dem Territorium der heutigen Republik Rumänien fortbestehende organisierte christliche Leben bildete das Umfeld für die Ethnogenese des rumänischen Volkes. Die sich als Nachfolger der Dako-Romäer verstehenden Rumänen sind – anders als die benachbarten Völker – bereits als Christen in die Geschichte eingetreten.
Historische Quellen weisen auf einen sehr frühen Beginn der Verbreitung des Christentums auf dem Gebiet des heutigen Rumäniens hin. So hat der Kirchenhistoriker Eusebius von Caesarea († wahrscheinlich 339 oder 340) von Origenes übernommen († wahrscheinlich 253), dass bereits der Hl. Apostel Andreas bei den Skythen das Evangelium verkündigt habe[1]. Tertullian († nach 214) bezeugt für das 2. Jh., dass zu seiner Zeit das Christentum unter den Sarmaten, Dakiern, Germanen und Skythen verbreitet wurde[2]. Die römischen Soldaten, die zur Zeit Kaiser Traians das Gebiet Dacia eroberten (106), brachten das Christentum in lateinischer Prägung. Epigraphische Funde aus dem 4. Jh. (Inschriften in lateinischer Sprache) bezeugen die frühe Bekehrung der dako-romäischen Bevölkerung zum Christentum wie ihre Kontinuität auf dem Territorium Rumäniens nach dem Rückzug der römischen Verwaltung und der römischen Armee südlich der Donau (271-275).
Die hagiographische Überlieferung kennt Märtyrer nördlich der Donau (z. B. den Hl. Sabas, Kreis Buzău). Der Briefwechsel zwischen Basilius dem Großen und dem Gouverneur von Scythia Minor über den Hl. Sabas bezeugt die Existenz eines organisierten christlichen Lebens im Gebiet nördlich der Donau im 4. Jh.. Zu dieser Zeit nahmen auch bereits Bischöfe aus der Scythia Minor (der heutigen Dobrudscha) an den ökumenischen Konzilien von Nizäa (325) und Konstantinopel (381) teil, später dann auch an den Konzilien von Ephesus (431) und Chalkedon (451).
Anfang des 6. Jh.s. zählte die Kirche von Scythia Minor neben Tomis (dem heutige Constanţa) 14 weitere Bischofssitze. Sie war die Heimat wichtiger Theologen wie Johannes Cassian († 432), Dionysius Exiguus († vor 556) und der sogenannten „skythischen Mönche“ (Leontius, Johannes Maxentius und Petrus Diaconus).
Die Geschichte des modernen Rumäniens setzt mit der Gründung der beiden ausserkarpathischen rumänischen Fürstentümer ein, denen auch in osmanischer Zeit ein hohes Mass an Autonomie erhalten blieb. 1359 wurde die alte kirchliche Struktur von Muntenien-Walachei, 1401 auch jene des Fürstentums Moldau vom ökumenischen Patriarchat im Rang einer Metropolie anerkannt. Die Bildung der rumänischen Metropolien in den Donaufürstentümern erscheint als Folge der Gründung der beiden rumänischen Staaten.
Obwohl der erste Erzbischof Transsilvaniens (Siebenbürgens) erst 1377 bezeugt ist, sind die Spuren einer kirchlichen Struktur auch in dieser mehrheitlich von Rumänen bevölkerten Provinz viel älter. In der Neuzeit wurde das Leben der orthodoxen Rumänen Transsilvaniens von Auseinandersetzungen mit dem reformierten und dem katholischen Proselytismus geprägt. Die reformierten Fürsten Siebenbürgens favorisierten im 17. Jh. die Annahme der Reformation, während die Annäherung an Rom unter dem Einfluss von Jesuitenpatres erfolgte. In diesem Kontext und unter dem Druck des Wiener Hofes hat ein Teil der Rumänen aus Transsilvanien die Union mit Rom angenommen (1698-1701).
Die Annahme der Union durch den orthodoxen Bischof (Atanasie) der 1572 gegründeten Metropolie von Alba Iulia/Weissenburg bedeutete einen schweren Einschnitt in die kirchliche Organisation der orthodoxen Rumänen aus Transsilvanien. Eine gewisse Verbesserung ihres Statuts im Rahmen der Donaumonarchie bedeutete das Toleranzpatent Kaiser Joseph II. (1781). Zwischen 1783 und 1864 unterstanden die Orthodoxen aus Transsilvanien der serbischen Metropolie von Karlowitz. Mit der 1864 durch Andrei Şaguna durchgesetzten Wiedererrichtung einer orthodoxen Metropolie für Transsilvanien (nunmehr mit Sitz in Sibiu/Hermannstadt) erlangten sie die Autonomie wieder.
Die neue autonome Metropolie von Transsilvanien bekam von ihrem Bischof Andrei Şaguna (1809-1873) eine moderne Organisation, die bis heute Modellcharakter für die Rumänische Orthodoxe Kirche hat. Eine besonders bedeutende Leistung Şagunas auf dem Feld des Kanonischen Rechts war die erste Rumänische Kirchenverfassung.
Nach der Vereinigung der rumänischen Länder (Moldau und Walachei 1859) und der Unabhängigkeitserklärung (1877/8) erhielt die orthodoxe Kirche Rumäniens vom Ökumenischen Patriarchat die Anerkennung der Autokephalie (1885) und erlangte 1925 nach der Vereinigung Transsilvaniens und Bessarabiens mit Rumänien (1918) den Status eines Patriarchats mit Sitz in Bukarest. Heute umfasst das Rumänische Patriarchat 5 Metropolien in Rumänien (mit 10 Erzbistümern, 17 Bistümern und etwa 11.000 Pfarreien) sowie 3 Metropolien, 1 Erzbistum und 2 Bistümer in der Diaspora. Mit ihren etwa 19,8 Mio. Gläubigen (86% der rumänischen Bevölkerung) gilt die Rumänische Orthodoxe Kirche heute als zweitgrößte orthodoxe Kirche der Welt. Die Rumänische Orthodoxe Kirche ist schon lange im ökumenischen Dialog engagiert; seit 1961 (New-Delhi) ist sie Mitglied im ÖRK. Sie gehört auch der KEK an.
Die höchste Autorität der Rumänischen Orthodoxen Kirche ist die für alle dogmatischen, kanonischen und kirchlichen Probleme verantwortliche Heilige Synode. Die Nationale Kirchenversammlung ist die zentrale repräsentative Körperschaft der Kirche. Sie ist verantwortlich für alle verwaltungsmäßigen und wirtschaftlichen Probleme, auch für jene Agenden, die nicht unter die Kompetenz der Synode fallen. Mitglieder der Nationalen Kirchenversammlung sind alle Bischöfe der Synode sowie je drei Vertreter eines jeden Bistums (ein Geistlicher und zwei Laien), die alle 4 Jahre von den Bistumsversammlungen gewählt werden.
Wie die Frauen der anderen orthodoxen Kirchen ehemals kommunistischer Länder, so haben auch die rumänisch-orthodoxen Frauen eine wichtige Rolle in der Kirchengeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jh.s gespielt. Es ist allgemein bekannt, dass der Glauben vor allem von den Frauen bewahrt wurde und dass die religiöse Erziehung der Kinder in dieser Zeit meistens Aufgabe der weiblichen Familienmitglieder war.
Weil dieser konkrete Beitrag der Frauen zum Überleben der Kirche während der letzten 15 Jahre bereits häufig diskutiert wurde, werde ich im Folgenden vor allem auf drei andere Aspekt der Frauenrollen und Frauenrechte in der Rumänischen Orthodoxen Kirche eingehen: die Rolle der Frau im Rahmen des sakramentalen Lebens der Kirche, die Rolle der Frau im liturgischen und pastoralen Leben der Kirche sowie die Rolle der Frau in der Kirchenverwaltung.
Vorweg sei jener Satz unterstrichen, mit dem Nicodim Sachelarie (ein weithin bekannter, gebildeter Mönchspriester aus Ost-Rumänien) den die Frauen betreffenden Abschnitt seines Buches über die Kanones und Regeln der Kirche eingeleitet hat: ,,Die Frau ist dem Mann gleichgestellt vor Gott“[3]
II. Die Rolle der Frau im Rahmen des sakramentalen Lebens der Kirche
1. Verhaltensregeln für Frauen in der Kirche als Gotteshaus
Bevor ich auf die 7 Sakramente der Orthodoxen Kirche im engeren Sinn zu sprechen komme, werde ich jene Regeln darstellen, die die Kirche als Gotteshaus betreffen. Grundsätzlich gibt es bezüglich der Präsenz von Frauen im Gotteshaus zwei in den Heiligen Kanones und der kirchlichen Tradition begründete Prinzipien.
- Frauen dürfen den Altarraum nicht betreten.
- Sie dürfen die Kirche in der Zeit ihrer „Unreinheit“ nicht besuchen.
a. Regeln für das Betreten des Altarraums
Das Verbot für Frauen, den Altarraum zu betreten, ist in c. 44 der Synode von Laodikeia (343) begründet: Hier heißt es: ,,Es ist nicht gebührend, dass die Frauen in den Altarraum eintreten“[4]. C. 69 der Syonde in Trullo (692) hat das Verbot wiederholt, allerdings in einer egalitären Form: ,,Es ist für Laien nicht erlaubt, in den Altarraum einzutreten“[5]. Demnach gilt das Verbot für Frauen und Männer in gleicher Weise.
Diese Regel kennt jedoch einige Ausnahmen, die nicht so selbstverständlich bekannt sind wie das grundsätzliche Verbot.
Wenn eine neue Kirche geweiht wird, dürfen – gemäss alter kirchlicher Tradition – alle (Kinder, Frauen, Männer) zum Heiligen Altar eintreten, um dort zu beten und den Heiligen Tisch zu küssen. So heißt es im rumänischen Archieratikon („Pontifikale“): ,,Es ist in manchen Regionen die Angewohnheit, dass es eine Erlaubnis für alle Gläubigen, Männer und Frauen, gibt, um am Ende des Einweihungsgottesdienstes der neuen Kirche zum Heiligen Altar durch die Tür von Norden einzutreten; sie küssen das Kreuz, den Heiligen Tisch und das Heilige Evangelium, dann das Omophorion und die Hand des Bischofs, der auf dem Stuhl rechts vom Heiligen Tisch sitzt, danach treten sie durch die rechte Tür aus“[6].
Ausser dieser Erlaubnis, die für Laienfrauen in gleicher Weise gilt wie für Nonnen, gibt es eine weitere, nur Nonnen betreffende, Ausnahme: Nonnen dürfen den Altarraum betreten, um ihn zu reinigen oder um dem Priester als Ministrantinnen zu helfen. Diese Sondererlaubnis für Nonnen ist in einem unter dem Namen von Patriarch Nikephoros, dem Bekenner (8. Jh.) überlieferten Kanon enthalten: ,,Die Nonnen können den Altarraum betreten, um Kerzen und Öllampen anzuzünden und ihn zu schmücken und zu putzen“ (c. 15 Nikephoros)[7].
In der Geschichte der Rumänischen Orthodoxen Kirche gab es verschiedene Meinungen über diesen Kanon und über die Möglichkeit der Nonnen, in den Heiligen Altar einzutreten. Diese haben im 19. Jh. zu einer interessanten Kontroverse zwischen zwei berühmten rumänischen Bischöfen geführt.
Der erste rumänische Kanonist, der bereits erwähnte Andrei Şaguna, der im Jahr 1854 das erste rumänische Lehrbuch über die Hl. Kanones geschrieben hat[8], gab zuerst eine wörtliche Interpretation aufgrund von c. 44 der Synode von Laodikeia. Er sagte, dass es Frauen insgesamt (d.h. nicht nur Laienfrauen, sondern auch Nonnen) nicht gestattet sei, in den Heiligen Altar einzutreten. Şaguna schickte sein Lehrbuch als Geschenk zu Calinic, dem Bischof der Walachei, der später als Heiliger kanonisiert wurde, und er fragte Calinic über seine Meinung zu diesem Buch.
Der Bischof der Walachei antwortete am 16. September 1854: ,,Obwohl für die Nonnen der Eintritt in den Heiligen Altar nach Paragraph 90 [von Şagunas Buch] verboten ist, auch um die Kerzen anzuzünden, oder dem Priester den Weihrauchkessel zu geben, ist durch den Kanon 15 von Nikephoros dem Bekenner, dem Patriarchen von Konstantinopel, erlaubt, dass sie in den Heiligen Altar gehen und als Kirchendienerinnen tätig sind“[9]. Das war einer jener Gründe, warum Bischof Calinic kein Lehrbuch von Şaguna in seinem Bistum akzeptierte!
Am 1. November 1854 schrieb Şaguna polemisch: ,,mit Schmerz habe ich verstanden, dass Sie nicht nur keine Freude an meinem Buch gefunden, sondern auch, dass Sie es in Ihrem Bistum verboten haben“[10]. Weiter argumentierte Şaguna, er habe sein Buch ,,nicht über und nach den seltsamen Angewohnheiten unserer lokalen Kirchen geschrieben, sondern über die und gemäss den Kanones den Heiligen Vätern, die von der ganzen Kirche überall akzeptiert und respektiert werden“. Aber er sagte auch: ,,hier haben Sie teilweise Recht, gleichzeitig scheint es mir, dass auch ich teilweise Recht habe und ich nicht eine so schwere Strafe verdiene, weil das Problem, das Sie empört hat, nicht mit der Strafe zusammenpasst, die Sie gegen mein Buch verhängt haben“[11].
Nach dieser polemischen Auseinandersetzung veröffentlichte Şaguna eine neue, verbesserte Ausgabe seines Lehrbuchs[12]. Später hat der Metropolit in seinem 1871 publizierten „Enchiridion“ die Korrektur von Bischof Calinic akzeptiert. Aber er präzisierte in einer Fußnote, dass ,,eine Nonne nur in den Altar ihres Klosters eintreten kann, wenn es keinen männlichen Kirchendiener gibt“[13].
In der neuesten Rumänischen Kanonessammlung, die im Jahr 1993 von Professor Ioan Floca herausgebracht wurde[14], hat der Kanon die gleiche Form wie in der letzten Fassung Şagunas. Aber es findet sich auch ein langer Kommentar über die verschiedenen Interpretationen, die Kanonisten diesem Kanon gegeben haben. So wird z. B. auf die Ansicht von Nikodim Milaš verwiesen, dessen Handbuch 1930-1936 auch auf Rumänisch übersetzt wurde[15]. Milaš hat die obige Formulierung in seinem Buch benutzt, aber in seinem Kommentar erklärte er: ,,Diese unsere Übersetzung wurde nach dem Text des Athener Syntagma gemacht. In der Kormciaia[16] wurde dieser Nikephoros-Kanon so redigiert, dass der Eintritt der Nonnen in den Altarraum wirklich verboten ist […] Wir wissen nicht, wie jene Übersetzung von diesem Nikephoros-Kanon in der slawischen Kormciaia zustande gekommen ist; auf jeden Fall scheint es uns, dass das Verbot für Nonnen in den Heiligen Altar einzutreten, wie es die Kormciaia enthält, besser zur kanonischen Doktrin der Orthodoxen Kirche passt als die Erlaubnis des gegenwärtigen Kanon gemäß dem Text des Athener Syntagma, von Armenopoulos und auch des Pedalion“[17]. Weiters argumentierte Milaš das Verbot. Dennoch ist es in der Rumänischen Orthodoxen Kirche den Nonnen schon seit Alters her gestattet, den Altarraum zu betreten.
Schliesslich ist nicht zu vergessen, dass auch Männer nicht ohne weiteres Zutritt zum Altarraum haben. Traditioneller Weise bedürfen sie dazu eine besondere Erlaubnis. Im ländlichen Raum betreten auch heute nur bestimmte, als besonders fromm geltende, Knaben und Männer als Kirchendiener den Heiligen Altar. Die traditionelle orthodoxe Gemeinde empfindet große Ehrfurcht für die Kirche im allgemeinen (was sich u. a. darin zeigt, dass sich die Gläubigen in der Nähe einer Kirche bekreuzigen) und für den Heiligen Altar im besonderen, wegen der Heiligen Gaben, die immer auf dem Heiligen Tisch liegen und die von den Gläubigen als tiefste Weise der Präsenz Gottes verstanden werden.
b. Regeln für das Betreten der Kirche und den Gottesdienstbesuch
Das zweite Verbot bezüglich der Präsenz von Frauen in der Kirche betrifft die Zeit ihrer sogenannten „kultischen Unreinheit“. Das Problem der Reinheitsvorschriften in der Orthodoxen Tradition wurde schon systematisch aufgearbeitet[18]. Hier möchte ich nur über die Zeit der Menstruation der Frauen sprechen, weil es in diesem Punkt (nicht nur in Rumänien!) sowohl hinsichtlich der theoretisch vertretenen Meinungen als auch hinsichtlich der aktuellen Praxis in den Gemeinden durchaus Unterschiede gibt.
Als selbstverständlich gilt, dass der Empfang der Heiligen Gaben während der Menstruation nicht erlaubt ist[19]. Aber hinsichtlich der Präsenz der Frauen in der Kirche während der Heiligen Liturgie oder bei anderen Gebeten vertreten die Priester verschiedene Auffassungen. Grundsätzlich findet man heute in Rumänien sowohl ein sehr wortgetreues, formalistisches Verständnis der Kanones, aber auch ein Bemühen um eine sinngemäße Interpretation.
Ein Teil der Priester meint, dass Frauen während der Regel keinesfalls erlaubt werden könne, die Kirche zu betreten. Andere sagen, dass die Frauen in Ausnahmesituationen in die Kirche dürfen, z. B., dass eine bereits geplante Hochzeit, wenn die Braut ihre Regel bekommt, nicht verschoben werden müsse oder dass Nonnen zum Singen oder Putzen die Kirche betreten dürfen. Ein Teil der Priester ist schliesslich überhaupt der Meinung, dass die Frauen jederzeit in die Kirche dürfen, um dort zu beten.
Es scheint, dass die dritte Meinung realistisch und sinngemäß das Verbot der Kanones und der Tradition versteht. Die Frage nach den Wurzeln dieser Position ist allerdings gar nicht so leicht zu beantworten. Allerdings weist viel auf das Buch Pravila Bisericească („Das kirchliche Gesetzbuch“) von Nicodim Sachelarie als Quelle hin. Viele Priester und Laien haben in den letzten 60 Jahren diese 1940 erstmals publizierte Kanonessammlung benutzt. Unter der Rubrik ,,Die Ausflüsse“ findet man im Abschnitt CCX dieses Buches die Reinheitsvorschriften für Frauen und Männer behandelt. Nach Darstellung des alttestamentlichen Hintergrundes (im Buch Levitikus) hinsichtlich der „Unreinheiten“ der Menschen folgen die Erklärungen der Apostolischen Konstitutionen zu dem Problem, die so anfangen: ,,Die normale Reinigung [= die Menstruation] ist nicht hässlich vor Gott, der sie für die Paarung und die Gesundheit der Frauen monatlich geordnet hat“[20]. Es ist herauszustellen, dass die Apostolischen Konstitutionen die Menstruation als ,,die monatliche Reinigung“ bezeichneten!
Das erste Argument für die Erlaubnis, dass Frauen jederzeit zum Gebet in die Kirche gehen, ist dieses von Sachelarie betonte Verständnis der Apostolischen Konstitutionen bezüglich der Menstruation: Diese ist nur eine normale ,,körperliche Unreinheit“, ohne Beziehung zum Willen der Frauen und nicht sündhaft, weil sie in der Ordnung Gottes begründet liegt. Während andere Formen der Unreinheit mit dem Willen des Menschen eine Verbindung haben können oder eine Sünde implizieren (z. B. die kirchliche Unreinheit einer Frau, die eine Abtreibung vorgenommen hat[21]), hat die monatliche Menstruation keine Verbindung mit dem Willen und sie impliziert keine Sünde.
Das zweite Argument für die Erlaubnis sind die modernen hygienischen Standards, so dass Befürchtungen hinsichtlich einer potentiellen Verunreinigung des Kirchenraums unbegründet sind.
Gemäß diesen Argumenten besuchen manche orthodoxe Frauen aus Rumänien die Kirche in der Zeit der ,,monatlichen Reinigung“, aber sie empfangen nicht die Heiligen Gaben. Denn die orthodoxe Tradition empfiehlt die höchste geistliche und körperliche Reinheit, wenn der bzw. die Gläubige Christus unter ,,dem Dach des Hauses seiner/ihrer Seele“[22] empfangen möchte. Es bleibt auch so noch jeden Monat genug Zeit für die Kommunion, ist es doch in den orthodoxen Gemeinden sowieso nicht üblich, täglich die Eucharistie zu empfangen. Ausserdem gelten die Ausnahmeregeln für das Betreten des Altarraums nicht für die Zeit der ,,monatlichen Reinigung“. Als Hinweis auf eine untergeordnete Stellung der Frauen sollten man diese Beschränkungen aber nicht verstehen.
2. Frauen und die 7 Heiligen Sakramente der Orthodoxen Kirche
Von den 7 Heiligen Sakramenten der Orthodoxen Kirche können die orthodoxen Frauen nur 6 empfangen. Die Heiligen Weihen werden in der Orthodoxen Kirche nur Männern erteilt[23]. Das bedeutet, dass Frauen ihrerseits kein Sakrament spenden können. Aber es gibt auch hier wieder eine Ausnahme von der Regel. Eine orthodoxe Frau tauft ein Baby, wenn es in Todesgefahr ist. Gemäß c. 38 des Nikephoros des Bekenners kann ein Kind im Notfall jeder Zeit getauft werden und gemäß c. 45[24] kann jeder Christ, auch wenn er nicht Priester ist, das erste christliche Sakrament – die Taufe – spenden[25].
C. 45 spricht zwar nicht explizit über Frauen als Taufspender. In jenem Rumänischen Buch, das alle Priestergebete und Regeln in Bezug auf die Sakramente enthält (Molitfelnic/Euchologion), heißt es aber explizit: ,,Es ist auch gut zu wissen, dass im Falle eines schwachen Kindes […] und sollte kein Priest in der Nahe sein, jeder Mann oder jede Frau, wenn kein Mann da ist, das Wasser nehmen und sie das Kind mit folgenden Worten taufen dürfen: Getauft wird der Knecht/die Magd Gottes N., im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. Der Mann oder die Frau, die diese Taufe spenden, müssen selbst orthodox getauft sein“[26].
Dank dieser Bestimmung wurden viele kranke Babys, insbesondere in kommunistischer Zeit, als es in den Spitälern keine Priester gab, von Krankenschwestern oder von anderen Frauen getauft. Die Taufe muss mit den Priestergebeten in der Kirche komplettiert werden, falls das Kind nicht bereits kurze Zeit nach der Taufe stirbt. Doch wenn das Kind stirbt, betrachtet die Kirche die Nottaufe durch Laien als gültige Taufe.
Schliesslich ist nochmals kurz auf die bereits angesprochene Frage des Sakramentenempfangs während den Zeiten kultischer „Unreinheit“ zurückzukommen. Das Kommunionverbot wurde oben erklärt. Die Praxis hinsichtlich der anderen Sakramente ist verschieden: Manchmal muss die Kirche Ausnahmen vom Verbot akzeptieren. Das klassische Beispiel dafür ist die Eheschliessung. Auch wenn die Braut zum Hochzeitstermin ihre Regel bekommt, wird das Sakrament der Eheschließung jedenfalls zelebriert. Weitere Ausnahmen beziehen sich auf kranke Frauen, die des Sakraments der Krankensalbung bedürfen und dieses auch empfangen.
Alles in allem kann man sagen, das die Rumänische Orthodoxe Kirche im Hinblick auf die Stellung der Frauen in ihrem sakramentalen Leben eine dynamische und lebendige Auffassung der Kanones hat.
III. Die Rolle der Frau im liturgischen und pastoralen Leben der Kirche
1. Theologisch gebildete Frauen
Heute haben die Frauen im Leben der Kirche weit mehr Optionen für eine wichtige, aktive Rolle als früher. In den letzten Jahren wurden im Zuge der Öffnung der Theologischen Fakultäten für Frauen neben den Theologen auch die Theologinnen ins liturgische und pastorale Leben der Kirchen integriert[27]. In kommunistischer Zeit gab es in Rumänien nur 2 Theologische Fakultäten, wo insgesamt nur sehr wenige Frauen (die meisten von ihnen waren Nonnen) studieren konnten. Heute gibt es in Rumänien wieder 38 Theologische Seminare sowie 5 Medizinisch-Theologische Schulen und 11 Theologische Fakultäten mit 10 Spezialisierungsmöglichkeiten. Die Frauen dürfen grundsätzlich überall studieren. Eine neue Sektion der Theologischen Fakultät heißt ,,Theologie – Sozialarbeit“. Hier gab es bisher etwa zehn Promotionen, hauptsächlich von Frauen. Frauen mit theologischer Ausbildung unterstützen die Priester in den Pfarreien oder arbeiten auf der eparchialen Ebene. Das Rumänische Patriarchat hat derzeit etwa 180 theologisch ausgebildete SozialarbeiterInnen (mehr Frauen als Männer), die in 39 Gruppen organisiert wurden
2. Weibliche Gemeindemitglieder und Nonnen im liturgischen und pastoralen Leben
a. Liturgische Aufgaben für Frauen
Der erste und zugleich wichtigste Beitrag der Frauen im liturgischen Kontext ist ihre Präsenz im Kirchenchor. In einigen Fällen leiten Frauen als Musikprofessorinnen selber Chöre. Frauen dürfen auch Lektorinnen sein.
Traditioneller Weise dürfen orthodoxe Frauen in der Kirche nicht predigen. Aber viele Pfarreien haben zum Bibelstudium Gruppen organisiert, wo auch Frauen ihre Meinung und ihre Fragen äussern können.
Natürlich kann eine Frau Taufpatin oder Trauzeugin sein. In der letzen Zeit wurden von Frauengruppen auch Besuche in Kinderheimen und Krankenhäusern organisiert, um dort Taufkinder zu bekommen und Kinder auf die Taufe vorzubereiten, die in kommunistischer Zeit nicht getauft wurden.
b. Pastoral-karitative Aufgaben
Wenngleich die Frauen im liturgischen Leben der Kirche offenstehenden Rollen begrenzt sind, so liegt doch um so mehr die Pastoralarbeit in einem hohen Ausmass in ihren Händen. Früher leitete die Priestergattin die sozial-karitative Arbeit der Gemeinde. Seit 1990 haben die rumänischen Frauen infolge ihrer Zulassung zum Theologiestudium neue Möglichkeiten, sich in verschiedenen Studiengängen zu Spezialistinnen für die kirchliche Pastoralarbeit auszubilden. Mit einer entsprechenden fachlichen Qualifikation stehen ihnen unterschiedliche Optionen im kirchlichen Dienst offen.
Die Pfarreien und Eparchien entwickeln manchmal große und systematische karitative Programme. So gibt es heute in der Rumänischen Orthodoxen Kirche 39 eigene karitative Stiftungen für Kinder, 12 für alte Menschen, 19 Arztpraxen, zahnärztlichen Kabinette und Apotheken, 2 Zentren für Diagnostik und Therapie, 6 Zentren für Familien mit Schwierigkeiten und 40 Kantinen und Bäckereien für die Armen. Sehr oft sind die Frauen die „Seelen“ dieser Programme. Sie arbeiten in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Seelsorge, u.s.w. und sind auch als Managerinnen tätig. Auch Nonnen wurden in solche Programme als Mitarbeiterinnen eingebunden.
Manche Eparchien haben weiters eigene Radiosender gegründet, wo ebenfalls Frauen, sowohl Laien als auch Schwestern, arbeiten.
c. Die Frauenklöster
Heute gibt es in Rumänien etwa doppelt so viele orthodoxe Frauenklöster wie vor 20 Jahren. Insgesamt hat das rumänische Patriarchat etwa 400 Klöster und 180 weitere Kleinklöster, wo ungefähr 2800 Männer und 4900 Frauen leben. Obwohl das orthodoxe Klosterleben für seine monastische Ausrichtung berühmt ist, zeigt sich in der letzten Zeit auch verstärkt eine Tendenz in Richtung aktiver pastoraler Arbeit der Klöster. So wurden in Klöstern karitative und kulturelle Stiftungen errichtet und neue missionarische Bemühungen gesetzt, die gleichzeitig im Zusammenhang mit der Tradition stehen.
Nach 1990 wurden in Frauenklöster 3 Seminare für Frauen wieder eröffnet bzw. auch neu gegründet: im Kloster Agapia (Kreis Neamţ), im Kloster Pasărea (in der Nahe von Bukarest) und im Kloster Prislop (Kreis Hunedoara). Dort lernen Schwestern aus ganz Rumänien sowie Laienmädchen, die später Theologie studieren oder sich auch anders spezialisieren möchten und Mädchen, die sich aufs Klosterleben vorbereiten. Als LehrerInnen wurden Laien und Schwestern angestellt; die Direktorinnen sind immer Schwestern.
Besondere Bedeutung haben im gegenwärtigen rumänischen Kontext jene orthodoxen Frauenklöster, die auf eine Verknüpfung zwischen Tradition und neuen Orientierungen gegründet sind (z.T. in postkommunistischer Zeit wiedereröffnet): zum Beispiel die Spitalsklöster von Bukarest (Christiana genannt), Iaşi, Suceava und Galaţi, wo die Nonnen als Krankenschwestern oder sogar als Ärztinnen arbeiten, oder auch das Kloster Jitianu (Kreis Dolj), dessen Schwestern ein Zentrum für christliche Bildung und Beratung („Die Heiligen Erzengel Michael und Gabriel“ genannt) organisieren. Sie leiten verschiedenen Kurse für die Bildung von freiwilligen Helfern, beraten Leute, die in Lebenskrisen sind, und besuchen Schulen, Krankenhäuser, Gefängnisse, um auch dort den Menschen mit ihren Problemen zuzuhören und ihnen zu helfen.
3. Frauen im öffentlichen Unterrichtswesen
Einen festen Platz haben Frauen schliesslich im Schulbereich, wo sie als Religionslehrerinnen tätig sind. Die Wiedereinführung des Religionsunterrichts[28] war einer der größten Siege der Kirche gegen den kommunistischen Atheismus nach 1990. Jenen Frauen, die Theologie studiert haben, kommt im Schulbereich eine wichtige Verantwortung zu.
Aber auch an den Theologischen Fakultäten sind bereits manchmal Frauen Mitglieder des Lehrkörpers, in einigen Fällen sogar als Professorinnen: für Fremdsprachen, für Kunst und andere Fächer, die nicht unbedingt theologisch sind, aber die die StudentInnen der Theologische Fakultäten absolvieren müssen.
4. Frauen in der Ökumenischen Arbeit
Nicht zuletzt haben die Verbindungen mit anderen Konfessionen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene eine wichtige Bedeutung für die Kirche. Frauen, Laien wie Nonnen, spielen auch hier eine wesentliche Rolle als Teilnehmerinnen an verschiedenen religiösen nationalen und internationale Kommissionen, Gesellschaften und Kongressen. Der erste Orthodoxe Frauenkongress fand übrigens im Jahr 1976 in Rumänien, im Kloster Agapia statt[29]!
Viele konfessionsübergreifend wichtige Fragen der Gegenwart, wie z. B. die Bioethik, nehmen einen bedeutenden Platz sowohl in der theologischen Forschung als auch in der Frauenarbeit ein. Viele orthodoxe Frauen können hier, ohne unbedingt im innerkirchlichen Bereich zu arbeiten, als Spezialistinnen christliche Antworten auf neue Herausforderungen anbieten.
IV. Die Rolle der Frau in der Kirchenverwaltung
In der Geschichte der Autonomie der Rumänischen Kirche gibt es drei wesentliche Momente hinsichtlich ihrer kanonischen Organisation bzw. Verwaltungsorganisation: An erster Stelle ist das Jahr 1868 zu nennen, als Metropolit Andrei Şaguna aus Transsilvanien seiner Metropolie die erste systematische Kirchenverfassung – das sogenannte „Organische Statut“[30]– gab. Dieses bildet bis heute sozusagen „das Skelett“ der kirchlichen Organisation. 1925 wurde die Struktur der Orthodoxen Kirche in Rumänien, welcher nach 1918 alle rumänischen Gebiete (Walachei, Moldau, Transsilvanien, Bukowina, Bessarabien und ein Teil des Banats) nunmehr gemeinsam angehörten, durch ein Organisationsgesetz und eine neue Kirchenverfassung[31] geregelt. Den dritten, entscheidenden Moment stellt das Inkrafttreten der letzten, auch heute noch gültigen Kirchenverfassung in Jahr 1948[32] dar.
In allen diesen drei Kirchenverfassungen kann man unterschiedliche Konzeptionen bezüglich Frauenrechten und Frauenrollen finden. Ausgehend von Şagunas Statut, das die Grundlage für die nachfolgenden Kirchenverfassungen bildet, zeigt sich eine grundsätzlich gute, aber unzureichende Entwicklung für das Verständnis der Frauenrollen im Leben der Kirche. In diesem Sinn ist es von Interesses, einige Artikel aller drei Kirchenverfassungen vergleichend zu analysieren.
1. Die Pfarrsynode bzw. Pfarrversammlung
Eine für die Rumänische Orthodoxe Kirche sehr wichtige Institution ist die Pfarrsynode. Sie ist das erste Wahlgremium der Kirche. Im ersten Hauptstück, im ersten Abschnitt des Organischen Statuts, heißt es: ,,An der Pfarrsynode nehmen alle jene Eingepfarrten Teil, die grossjährig, selbständig, moralisch, unbeanstandet sind, und den Pfarr-Verpflichtungen nachkommen“[33]. Was bedeutet das? Sind nur die Männer Teil der Pfarrsynode, oder auch die Frauen? Es ist zu vermuten, dass die Frauen hier von Şaguna nicht mit gedacht waren, weil die Pfarrsynode, wie aus ihrer Agenda hervorgeht, eine wirkliche politische Wahlinstanz war: Gem. Art. ,,6. wählt [die Pfarrsynode] die Abgeordneten zur Eparchial-Synode und zum National-Kirchenkongress“[34]. Der National-Kirchenkongress war die politische Organisation des rumänischen Volkes in Transsilvanien. Im Transsilvanien des 19. Jh.s hatten die orthodoxen Rumänen keine sozialen und politischen Rechte, deshalb wollte Şaguna in seiner Kirchenverfassung auch entsprechenden weltlichen Ansprüchen zum Durchbruch verhelfen. Zu dieser Zeit auch bereits von den politischen Rechten der orthodoxen Frauen sprechen zu wollen, wäre wohl anachronistisch!
Der „Pfarrsynode“ im Organischen Statut entspricht die „Pfarrversammlung“ in der Kirchenverfassung von 1925. Art. 37 im Statut vom 1925 lautet wie folgt: ,,Alle Männer, die volljährig, selbständig, moralisch, unbeanstandet sind, und den moralischen und materiellen Verpflichtungen für die Kirche und ihre Anstalten nachkommen, sind die Pfarrmitglieder und sie bilden die Pfarrversammlung“[35]. Diesmal spielen die Frauen eindeutig keine Rolle. Der Gesetzgeber sagte: ,,alle Männer“, also: keine Frauen!
Das Statut von 1948 kopiert in Artikel 52 die Definition der Pfarrversammlung von 1925: Sie ist also wieder reine Männersache, so jedenfalls theoretisch. Doch praktisch liegen die Dinge heute z. T. anders. Wenn auch in Rumänien selbst die Pfarrversammlung noch gem. den Vorgaben der Kirchenverfassung funktioniert, so gibt es doch Änderungen im Ausland, in der rumänischen Diaspora. Hier kommen auch die Frauen zur Pfarrversammlung; sie selbst setzen Initiativen oder äussern ihre Meinung; sie hören die Probleme der Pfarrei und sie haben Lösungen für diese Probleme.
2. Das Pfarrgremium
Die zweite, in Bezug auf Frauenrechte relevante, Institution ist das Pfarrgremium. Wir treffen auf diesen Begriff in allen drei rumänischen Kirchenverfassungen, aber seine Bedeutung ist nur in den letzten beiden Statuten dieselbe. Şagunas Pfarrgremium hatte keine Verbindung mit den Frauen. Das Pfarrgremium mit aktueller Bedeutung kommt zum ersten Mal in der Kirchenverfassung vom Jahr 1925 vor. Art. 52 dieser Verfassung lautet wie folgt.
,,Neben dem Pfarrat kann man spezielle Pfarrgremien bilden:
a) für die Ausstattung und die Verschönerung der Kirchen, der Gemeinderäume (wörtl.: „Kirchenhofräume“) und der Friedhöfe und für ihren guten und ordentlichen Zustand;
b) für die Bildung und die Unterstützung von Kirchenchören;
c) für die Pflege, die Einkleidung und die Ausstattung armer Schüler mit Büchern und mit anderen Mitteln;
d) für die Unterstützung der Armen und den Schutz von Waisen und Witwen;
e) für den Besuch und die Hilfe für Kranke vor Ort oder in Krankenhäusern;
f) für die Errichtung und die Unterstützung der Pfarrbibliotheken für das Volk;
g) für die Organisation der Kindergärten und den Unterricht für die Volksbildung in Verbindung mit dem Erziehungsminister;
h) für die Errichtung von Missionsgruppen zur Bekämpfung von Sekten und anderer Glaubensgruppen, die der Orthodoxen Kirche feindlich gesinnt sind;
i) für die Errichtung und die Unterstützung von Internaten, Schulen, Asylen und Krankenhäusern und allen anderen wohltätigen, öffentlichen karitativen Stiftungen und samariterischer Tätigkeiten“[36].
Weiters heißt es in Art. 54: ,,Die Pfarrgremien stehen unter der Präsidentschaft des Pfarrers oder seines Delegaten, der Priester oder Laie ist. Die volljährigen Frauen der Pfarre dürfen als Mitglieder in diese Gremien gewählt werden“[37].
Nun stellt sich natürlich die Frage: Wer wählt die Gremien? Der Antwort gibt Art. 37 desselben Statuts, der besagt, dass es sich hier um eine Befugnis der Pfarrversammlung handelt: Die Pfarrversammlung ,,b) wählt die Mitglieder des Pfarrats, […], und die Mitglieder der Pfarrgremien“[38].
Fassen wir die wesentlichen Punkte zusammen:
- Gemäß dem Statut von 1925 dürfen in einer Pfarrei ein oder mehrere Pfarrgremien bestehen.
- Diese Gremien sind weitgehend für die Pastoralarbeit der Kirche verantwortlich.
- Frauen dürfen in die Pfarrgremien gewählt werden, aber das ist bloss eine Möglichkeit. Die Gremien können auch ganz ohne Frauen gebildet werden.
- Obwohl Frauen theoretisch das Recht haben, in den Pfarrgremien mitzuarbeiten, haben sie kein Recht, die Gremien auch zu wählen; aktiv wahlberechtigt sind nur jene Männer, die Mitglieder der Pfarrversammlung sind.
Nach der Analyse des Status von 1925 kommen wir zum aktuellen Statut der Rumänisch-Orthodoxen Kirche. In der Kirchenverfassung von 1948 wird das Pfarrgremium durch die Art. 68, 69 und 70 reglementiert. Diese Artikel wurden grossteils aus dem Vorgängerstatut kopiert, so dass im Folgenden nur die Modifizierungen heraus zu arbeiten sind: Der Gesetzgeber spricht nur mehr über ein Pfarrgremium mit der Möglichkeit mehrerer Sektionen. Die Zahl der Mitglieder wurde begrenzt (maximal die doppelte Anzahl der Mitgliedern des Pfarrates). Die wichtigste Änderung gem. dem Statut von 1948 beinhaltet Art. 69, wo es heisst: ,,Das Pfarrgremium kann auch nur von Frauen gebildet werden“[39]. Doch werden die Mitglieder des Gremiums weiterhin von der Pfarrversammlung, also wieder nur von Männern, gewählt. Die Befugnisse des Pfarrgremiums nach dem Statut von 1948 sind im übrigen nicht mehr in allem die selben wie gem. dem Statut von 1925, da das kommunistische Regime die konfessionellen Schulen und alle kirchlichen karitativen Institutionen, die in der Rumänischen Orthodoxen Kirche traditionell eine wichtige Bedeutung hatten, verboten hatte. So fehlen die im alten Statut unter Lit. g) und i) benannten Befugnisse.
Im Jahr 1990 kam es zu einer wichtigen Ergänzung am Ende von Art. 70: ,,Im Leben der Pfarrei können kirchliche Gesellschaften arbeiten, die gesetzlich konstituiert wurden und die von der Heiligen Synode erlaubt sind und die Zustimmung des lokalen Bischofs haben“[40].
Auf dieser Basis wurden inzwischen mehrere Stiftungen und Gesellschaften gegründet. Eine dieser Gesellschaften ist ,,Die Nationale Gesellschaft der Orthodoxen Frauen aus Rumänien“, die sich bereits im Jahr 1990 konstituiert und heute in den großen Städten ihre Niederlassungen hat. Wie der Name besagt, handelt es sich um eine nach dem staatlichen Gesetz für Stiftungen und Vereine errichtete Frauenorganisation, zu der aber auch das Patriarchat mittels Einverständniserklärung der Synode seine Zustimmung gegeben hat. Die Gesellschaft, die karitative, erzieherische und missionarische Zwecke verfolgt, wirkt zusammen mit den Eparchien.
3. Perspektiven für die Weiterentwicklung von Frauenrechten
Zusammenfassend ist zu sagen, dass es ohne Zweifel Ansätze für das Mitwirken von Frauen in der Verwaltung der Rumänischen Orthodoxen Kirche gibt. Das Problem ist die zeitgemässe Harmonisierung der alten Rechtsgrundlagen unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Verantwortung der Kirche.
Für diese Harmonisierung muss man wieder die beiden bereits für Şaguna wesentlichen Prinzipien beobachten: die Autonomie und die Synodalität. Autonomie bedeutet in diesem Zusammenhang: die Führung der Kirche durch sich selbst, durch ihre Vertreter, ohne Einmischung der Politik. Synodalität bedeutet: Zusammenarbeit zwischen Geistlichen und Laien bei der Führung der kirchlichen Angelegenheiten, um die Kirche vor jedem Versuch eines hierarchischen Absolutismus zu bewahren. Im Zentrum von Şagunas kanonischer Doktrin stand die Überzeugung: Das Volk ist ein konstitutives Element der Kirche und hat das Recht, in einem angemessenen Zahlenverhältnis zusammen mit den Priestern an der Leitung der Kirche teilzunehmen. Unter Volk versteht man am Anfang des 21. Jh.s zweifelsohne Männer und Frauen!
Als Şaguna im 19. Jh. seine Kirchenverfassung entwarf, war die Beteiligung von Frauen an der Verwaltung der Kirche noch eine Utopie. Heute wäre ihr Präsenz in allen drei wesentlichen kirchlichen Körperschaften mit Laienbeteiligung – der Pfarrversammlung, der Eparchialversammlung und der National-Kirchenversammlung – aber eine Notwendigkeit. Eine diesbezügliche Neuordnung muss in der nächsten Verfassung der Rumänischen Orthodoxen Kirche unbedingt erfolgen. Die Frauen müssen gesetzlich, nicht nur faktisch, als Teilnehmerinnen der Pfarrversammlung (und in logischer Folge: der Eparchialversammlung und der National-Kirchenversammlung) anerkannt werden.
Mit dieser Änderung hätte die Rumänische Orthodoxe Kirche im Zusammenhang mit dem Prinzip der aufeinander aufbauenden, selbständigen kirchlichen Körperschaften grundsätzlich eine der demokratischsten und modernsten orthodoxen Kirchenverfassungen. Sie könnte ein wegweisendes Beispiel für die Beibehaltung traditioneller Strukturen bei gleichzeitig voller Integration der Frauen ins kirchliche Leben darstellen.
Imagine: Procesiunea Sfintelor Fecioare și Mucenițe, mozaic din Bazilica Sant’Apollinare Nuovo, Ravenna – Italia, 526.
(Referat prezentat în cadrul studiilor de doctorat la Universitatea Viena, în semestrul al II-lea al anului universitar 2004-2005, și publicat în Revista Kanon -Jahrbuch der Gesellschaft für das Recht der Ostkirchen, XVII, Egling 2005)
[1] Eusebius von Caesarea, Hist. Eccl. III,1 (PG 12, 91-92), vgl. auch M. PĂCURARIU, Geschichte der Rumänischen Orthodoxen Kirche (Oikonomia 33), Erlangen 1994, 17 f.
[2] Tertullian, Lib. Adv. Iud. 7 (PL 2, 650), vgl. PĂCURARIU, Geschichte der Rumänischen Orthodoxen Kirche, 22.
[3] N. SACHELARIE, Pravila Bisericească („Das kirchliche Gesetzbuch “), Prahova 1999, 184.
[4] Ed. P. JOANNOU, Fonti fasc. IX. Discipline générale antique (IVe-IXe s.), 1-2, Grottaferrata/Rom 1962 f, hier Bd. 1/2, 148.
[5] Ed. ebd., Bd. 1/1, 207.
[6] Arhieraticon. Editura Institutului Biblic şi de Misiune al BOR, Bucureşti 1993, 172. ,,Este obiceiul, în unele părţi, ca la sfârşitul slujbei sfinţirii, să se îngăduie ca toţi credincioşii, bărbaţi şi femei, să intre în altar, pe uşa laterală dinspre miază-noapte; sărută crucea, Sfânta Masă şi Sfânta Evanghelie, apoi omoforul şi mâna arhiereului (care şade pe scaun în dreapta Sfintei Mese), după care ies pe uşa din dreapta”.
[7] Ed. G. A. RHALLIS – M. POTLIS, Syntagma ton theion kai hieron kanonon, Athen 1852-1859, hier: Bd. 4, 428. Vgl. auch I. KONIDARIS, Die Rechtsstellung monastisch lebender Frauen unter besonderer Berücksichtigung der Unterschiede zwischen Nonnen und Mönchen, in: Kanon XVI (2001) 131-143, hier: 135.
[8]A. ŞAGUNA, Elementele dreptului canonic al bisericii drept-credincioase răsăritene spre întrebuinţarea preoţimei, a clerului tânăr şi a Creştinilor, Sibiu 1854.
[9] Zit. nach N. BOCŞAN – I.-V. LEB, Coerespondenţa lui Andrei Şaguna cu arhiereii din Moldova si Ţara Romanească, in: In Memoriam, Mitropolitul Andrei Şaguna 1873-2003, Cluj 2003, 79: ,,pentru cele cuprinse în paragraful 90, deşi se arată că sunt oprite călugăriţele a intra în altar, nici a aprinde lumânările sau de a da preotului slujitor cădelniţa, dar prin canonul al 15-lea al Sf. Nichifor Mărturisitorul şi Patriarhul Constantinopolului li se dă voie a intra în altar şi face slujba de paraclisier“.
[10] Ebd.: ,,cu durere am înţeles că frăţia Ta nu numai nu ai aflat plăcere în cartea mea, ci încă aceea o opreşti în eparhia-ţi”.
[11] Ebd.: ,,Eu nu am compus cartea mea despre şi după obiceiurile care ici-colo pe la bisericile noastre localnice se află, ci despre şi după canoanele cele aşezate de la Sfinţii Părinţi, care Biserica întreagă de a toată lumea le primeşte şi le cinsteşte“. ,,Aci Prea Sfinţia Ta ai drept în parte, tototdată mi se pare că am drept şi eu în parte şi că nu meritez o aşa osândire aspră, căci treaba de care te-ai scandalizat nu e potrivită cu măsura care ai luat-o asupra cărţii mele”.
[12] A. ŞAGUNA, Elementele dreptului canonic al bisericii drept-credincioase răsăritene spre întrebuinţarea preoţimei, a clerului tânăr şi a Creştinilor, Sibiu 1855.
[13] A. ŞAGUNA, Enchiridion sau cartea manuală de canoane ale unei sânte sobornicesci şi apostolesci Biserici cu comentare (,,Kommentiertes Enchiridion bzw. Handbuch der Kanones der einen, heiligen, allgemeinen und apostolischen Kirche“), Sibiu 1871, 524: ,,Adeca in bisericile monastiriloru loru, deaca barbati servitori nu se afla”.
[14] I. FLOCA, Canoanele Bisericii Ortodoxe, note şi comentarii, Sibiu 1993.
[15]N. MILAŞ, Canoanele Bisericii Ortodoxe însoţite de comentarii I-II (Rumänische Übers. von U. KOVINCICI – N. POPOVICI), Arad 1930-1936 (Bd. I, Teil 1, Arad 1930; Bd. I, Teil 2, Arad 1931; Bd. II, Teil 1, Arad 1934; Bd. II, Teil 2, Arad, 1936).
[16] Zu dieser alt-slawischen Kanonessammlung vgl. I. ŽUŽEK, Kormcaja kniga: Studies on the Chief Code of Russian Canon Law (Orientalia Christiana Analecta 168 ), Rom 1964.
[17] N. MILAŞ, Canoanele Bisericii Ortodoxe însoţite de comentarii, vol. II, partea a II-a, trad. rom. de Uroş Kovincici şi N. Popovici, Arad, 1936, 233-234. ,,Această traducere a noastră este făcută după textul din Sintagma Ateniană. În Cormciaia acest canon al lui Nichifor este redactat în sensul că chiar se interzice călugăriţelor de a intra în altar [… ]Nu ştim cum a ajuns în Cormciaia slavă acea traducere a acestui canon al lui Nichifor; la tot cazul ni se pare că oprirea călugăriţelor de a intra în sfântul altar, după cum spune Cormciaia, corespunde mai bine doctrinei canonice a Bisericii ortodoxe, decât permisiunea dată de canonul prezent după textul din Sintagma Ateniană, din Armenopul, precum şi din Pidalion”.
[18] Siehe E. M. SYNEK, Zur Rezeption alttestamentlicher Reinheitsvorschriften ins Orthodoxe Kirchenrecht, in: Kanon XVI (2001) 25-71 (mit Quellenbelegen).V(20n XVI (
[19] Zu dieser Frage siehe unten.
[20] N. SACHELARIE, Pravila Bisericească („Das kirchliche Gesetzbuch “), Prahova 1999, 432.
[21] Für diesen Fall sieht das Euchologion ein spezielles Gebet vor dem Betreten der Kirche vor („Rugăciune când femeia leapădă pruncul”): vgl. Molitfelnic (,,Euchologion“), Editura Institutului Biblic şi de Misiune al Bisericii Ortodoxe Române, Bukarest 2002, 18-19.
[22] Zweites Gebet des Heiliges Johannes Chrysostomos vor dem Empfang der Heiligen Gaben.
[23] Vgl. dazu E. BEHR-SIGEL – (Bishop) KALLISTOS WARE, The Ordination of Women in the Orthodox Church, Genf 2000.
[24] C. 45 nach der rumänischen Zählung entspricht c. 7 der zweiten, bei RHALLIS – POTLIS edierten Reihe von „Nikephoroskanones“ (ed. RHALLIS – POTLIS, 4, 431);
[25] I. FLOCA, Canoanele Bisericii Ortodoxe, note şi comentarii, Sibiu 1993, 461 bzw 463. C. 38: ,,De va naşte femeia, şi pruncul este în primejdie de moarte, după trei sau cinci zile, să se boteze acel prunc, dar se cuvine ca altă femeie botezată şi curată să-l alăpteze; iar mama lui nici să nu intre în dormitorul unde este pruncul, şi în general nici să nu se atingă de el, până ce nu se va curăţi deplin după 40 de zile şi va primi de la preot rugăciunea.“ C. 45 „Dacă nu este de faţă preot, se cuvine ca pe pruncii cei nebotezaţi, să-i boteze oricine s-ar găsi acolo. Dacă îi botează chiar şi însuşi tatăl lor, sau oricare altul, numai să fie creştin, nu este păcat.“
[26]Molitfelnic (,,Euchologion“), Editura Institutului Biblic şi de Misiune al Bisericii Ortodoxe Române, Bukarest 2002, 51: ,,Se cuvine a şti, iarăşi că, dacă va fi pruncul slab, […] şi nu s-ar întâmpla să fie în preajmă preot, atunci, ca să nu moară pruncul nebotezat, orice parte bărbătească, sau nefiind nici un bărbat, orice femeie, luând apă, să-l boteze zicând: Se botează robul lui Dumnezeu (N), în numele tatălui şi al Fiului şi al Sfântului Duh. Amin. Bărbatul sau femeia care vor face acest botez, trebuie să aibă ei înşişi botezul ortodox”.
[27] Vgl. F. COSMA, La femme et la formation théologique en Roumanie, in: Kanon XVI (2000) 126-130, hier: 128 ff.
[28] Siehe Art. 9 Gesetz 84 / 24 Juli 1995, novelliert und wieder publiziert.
[29] Vgl. Orthodox Women. Their Role and Participation in the Orthodox Church. Report on the Consultation of Orthodox Women, Sept. 11-17, 1976, Agapia, Rum, Genf 1977; bzw. auch: Report of an Inter-Orthodox Consultation on Orthodox Women. Their Role and Participation in the Orthodox Church (Agapia, Romania, 1-17 September 1976), in: G. LIMOURIS (Hg.), Orthodox Visions of Ecumenism. Statements, Messages and Reports on the Ecumenical Movement 1902-1992 (WCC Publications), Genf 1994, 60-65.
[30] A. ŞAGUNA, Statutul organic al Bisericii Greco-Orientale Române din Ungaria şi Transilvania, Sibiu 1881.
[31] Legea şi Statutul pentru organizarea Bisericii Ortodoxe Române din 6 mai 1925 (Das Gesetz und das Organisationsstatut der Rumänischen Orthodoxen Kirche vom 6 Mai 1925), adnotate cu dezbaterile parlamentare şi jurisprudenţele referitoare, Bucureşti, Tipografia Curţii Regale 1925.
[32] Legiuirile Bisericii Ortodoxe Române, Bucureşti 1953.
[33] A. ŞAGUNA, Statutul organic, 10.
[34] Ebd., 11.
[35] Statutul pentru organizarea Bisericii Ortodoxe Române din 6 mai 1925, 76.
[36] Ebd., 80-81.
[37] Ebd., 81.
[38] Ebd., 76.
[39] Legiuirile Bisericii Ortodoxe Române, 22.
[40] Hotărârea ANB nr. 9084/ 26 sept. 1990, in: Al. ARMAND-MUNTEANU, Compendiu alfabetic şi tematic din Hotărârile Sfântului Sinod al Bisericii Ortodoxe Române (1986-2001), Constanţa 2003,135.
November 12, 2016 Drept si Religie